Woran erkennt man Fremdeln?
Das “Fremdeln” tritt häufig um den achten Monat auf, oft über Nacht.
Das fremdelnde Baby wendet den Blick ab, klammert und vergräbt seinen Kopf an Mamas Schulter.
Die Körpersprache ist eindeutig: “Komm mir bloß nicht zu nah!”
Nur engste Vertraute, wie die Eltern können das verängstigte Kind dann beruhigen.
Zu den Nebensymptomen des Fremdelns gehören beleidigte Großeltern – weil Omas und Opas sich für Vertraute halten, auch wenn sie nur alle zwei Wochen vorbeischauen.
So auch bei meiner Mama, die eines Tages mal wieder in der Tür stand – und in Tim`s versteinerte Miene blickte. Als sie ihm zur Begrüßung den gewohnten Kuss geben will, ist es mit seiner Fassung vorbei. Die Unterlippe schiebt sich nach vorn, das Kinn zittert verdächtig und schon kullern die Tränen.
Es war nicht zu übersehen, Tim fremdelt und findet alle anderen außer Mama und Papa äußerst suspekt .
Fremdeln: ein Systemabsturz im Gehirn
Die Ursachen dieser Phasen sind nicht hundertprozentig geklärt.
Einig sind sich die Wissenschaftler aber darin, dass Fremdeln ein wichtiger Punkt in der gesunden Entwicklung ist. Also weder die Folge mangelnder Fürsorge oder eines Erziehungsfehlers.
Forscher vergleichen die Fremdel-Panik mit einer Art Systemabsturz im Gehirn.
Im ersten Dreivierteljahr seines Lebens hat das Kind mit seinen Eltern bereits eine sehr feine Form der Verständigung entwickelt – eine sinnliche Sprache aus Gesten, Lauten, Mimik, Gerüchen, Berührungen.
Diese Sprache funktioniert aber nur im eingespielten Team. Ein Unbekannter kann sich noch so viel Mühe geben und Mamas Gesten oder Papas Worte imitieren; sein Geruch, seine Stimme, sein Aussehen – all das weicht vom gewohnten Muster ab.
Und genau dies können Kinder mit acht Monaten langsam erkennen.
Ihr Gehirn meldet: Da passt was nicht zusammen.
Aber sie wissen noch nicht im Geringsten, wie sie auf diese neue Erfahrung reagieren sollen.
Sie brauchen einfach Zeit, sich neu zu orientieren.
Geht es auch wieder vorbei?
Meist sind es plötzlich auftretende Panik-Attacken, die einige Wochen, manchmal Monate anhalten können – allerdings mit großen individuellen Unterschieden.
Nicht alle Kinder fremdeln gleich stark:
Einige sind nur ein bisschen zurückhaltender als sonst, andere dagegen weinen schon, wenn Opa nur “Hallo” sagt.
Wie stark Kinder fremdeln ist auch eine Frage des Temperaments.
Manche Babys reagieren eben auch sonst mit heftigem Gefühl, ein anderer Teil ist grundsätzlich etwas cooler.
Auch Erfahrungen spielen eine Rolle: Kinder, die häufigen Besuch gewöhnt sind, gewöhnen sich schneller an unbekannte Gesichter.
Die beste Medizin bei Fremdeln
Das ist eigentlich ganz einfach:
eine Prise Distanz und eine Riesenportion Nähe.
Die beste Sofortmaßnahme gegens Fremdeln:
Den kleinen Angsthasen trösten!
Wenn die Fremdel-Attacke wirklich so etwas wie ein Computerabsturz ist, hilft nur ein Neustart auf Mamas Arm.