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Magnetfeldtherapie Beckenboden: Ja oder nein?

Bei keinem anderen Thema in dem Bereich der Beckenbodentherapie gibt es mehr aufzuräumen als bei der Magnetfeldtherapie. Das liegt sicher zum Teil daran, dass noch nicht ganz verstanden wird, wie die Magnetfeldtherapie bei Beckenbodenproblematiken wirkt. Es herrscht aber auch ein großes wirtschaftliches Interesse daran, Geräte zu verkaufen die durch ein pulsierendes Magnetfeld den Beckenboden stärken sollen. Das funktioniert am besten mit attraktiven Heilversprechen und simplen Schlussfolgerungen. Diese sind nur unzureichend wissenschaftlich belegt und teilweise einfach falsch.

Magnetfeldtherapie Beckenboden: Was wird versprochen?

Einige Anbieter*innen von Magnetfeldstühlen versprechen, durch ein 2x wöchentliches, 22-minütiges Sitzen auf dem Magnetfeldstuhl so ziemlich alles, was man sich als Durchschnittsperson ab einem Alter von 30 Jahren gesundheitlich nur wünschen kann.

Die Bandbreite an Heilversprechen reicht von: „der Bekämpfung der Belastungsinkontinenz“ über „endlich wieder entspannt auf dem Trampolin springen können“ bis hin zu einem erfüllten Liebesleben.

Es wird mit dem „neuen 22 Minuten Rückbildungskurs“ nach einer Entbindung geworben. Versprochen wird ein deutlich höherer Trainingseffekt durch die Magnetfeldimpulse, als er mit einem Eigentraining erreicht werden kann. Und alles ohne Anstrengung (MRS. Sporty, 2023).

Die Effekte sollen ca. nach der 5. Sitzung auftreten (MRS. Sporty, 2023). Zu der Dauer der Effekte lässt sich keine konkrete Aussage finden.

Wie wirkt eigentlich die Magnetfeldtherapie am Beckenboden?

Magnetfelder werden durch einen natürlichen Dauermagneten oder eine stromführende Spule erzeugt. Die Stärke eines Magnetfeldes wird in Tesla (T) gemessen. Auch wir Menschen auf der Erde sind permanent einem Magnetfeld ausgesetzt. Das natürliche Magnetfeld der Erde liegt bei ca. 50 µT. Bei der therapeutischen Verwendung von Magnetfeldern liegt die Intensität zwischen 0,5 µT und 200 mT. Bei der Kernspintomographie werden sehr hohe Feldstärken von bis zu 4 Tesla eingesetzt (Mur & Quittan, n.d.).

Ein Magnetfeld erzeugt ein elektrisches Feld. Dieses elektrische Feld scheint neuromuskuläres Gewebe zu stimulieren (Mair, 2023; Abd El-Rahman et al., 2020). Die Wirkung des Magnetfelds findet hauptsächlich an der Membran des Motorneurons statt. Durch die Stimulation des Nervens soll der zugehörige Muskel aktiviert werden. So soll der Beckenbodenmuskel trainiert werden und an Kraft zunehmen (Abd El-Rahman et al., 2020). Der genaue Wirkungsmechanismus durch die Magnetfeldtherapie ist jedoch noch nicht vollständig verstanden (Mair, 2023).

Da Magnetfelder ungehindert durch dichte Strukturen passieren können, (Abd El-Rahman et al., 2020) soll eine Anwendung im angezogenen Zustand, sitzend auf dem (Magnetfeld-)Stuhl möglich sein.

Abzugrenzen von der Magnetfeldtherapie ist ein EMS-Training mit einer Anal- oder Vaginalsonde. Hier hat die Sonde direkten Kontakt zum Muskel und aktiviert diesen unmittelbar.

Was soll die Magnetfeldtherapie am Beckenboden bewirken?

Grundlegend soll die Magnetfeldtherapie zu einer Reduktion von Schmerzen, einer Beschleunigung der Regeneration von Nerven, einer Mehrdurchblutung, Anregung von Selbstheilungsprozessen und einer Stimulation des Stoffwechsels führen (Mair, 2023)

Treten die versprochenen Effekte auch wirklich ein?

Es gibt unzählige Studien die versuchen die Wirksamkeit der Magnetfeldtherapie Beckenboden zu überprüfen. Viele der Studien weisen jedoch eine sehr geringe wissenschaftliche Qualität auf. Untersuchungsgruppen sind nicht verblindet, Untersuchungszeiträume viel zu kurz (Mair, 2023).

In manchen Experimenten konnte gezeigt werden, dass sehr starke magnetische Felder im Gewebe tatsächlich kurzzeitige, schwache elektrische Ströme auslösen. Dies führte sogar zu einer Stimulierung der Nerven. Allerdings sind die in der Magnetfeldtherapie eingesetzten Felder vergleichsweise schwach (Mair, 2023)

Quittan stellt fest: Auf dem Gebiet der Knochenheilung zeigen einige ältere, qualitativ gute Studien positive Wirkungen gepulster elektromagnetischer Felder im Sinne einer verbesserten Knochenneubildung, dies jedoch nur bei langen täglichen Behandlungszeiten. Der Stellenwert der gepulsten Magnetfeldtherapie in der Knochenheilung ist daher nach dem heutigen Stand des Wissens lediglich als additives Verfahren zu sehen (Quittan, 2004)

Es gibt eine Übersichtsarbeit die zum Schluss kommt, dass durch die therapeutische Anwendung einer Magnetfeldstimulation die Symptome einer Harninkontinenz verbessert werden, die Häufigkeit des Urinverlust bei einer Harninkontinenz sinkt und die Lebensqualität steigt. Jedoch wird auch in dieser Arbeit betont, dass weitere randomized controlled trials mit längeren Follow Up Zeiten und höherer wissenschaftlicher Evidenz nötig sind, um die Effekte zu validieren. (He et al., 2019). Auch in anderen Arbeiten wird auf die genannte Übersichtsarbeit kritisch verwiesen (Mair, 2023).

Beim Lesen dieser Meta-Analyse fällt eine Sache auf: Es wurde in keiner der eingeschlossenen Studien weder vor der Intervention noch nach der Intervention die Kraft des Beckenbodens gemessen. Auf den Websites der Magnetfeldstuhl Anbieter*innen wird mit einem effektiven Training der Beckenbodenmuskulatur und somit der Zunahme der Kraft im Sitzen geworben (MRS. Sporty, 2023). Um diese Aussage treffen zu können, muss zwingend die Kraft des Beckenbodens durch einen vaginalen Tastbefund oder ein Biofeedbackgerät gemessen werden.

In einer Studie aus den Niederlanden aus dem Jahr 2006 wurde tatsächlich die Kraft des Beckenbodens durch eine Analsonde und einen vaginalen Tastbefund untersucht. In dieser Studie wird ganz klar festgehalten, dass durch die Magnetfeldtherapie keine Verbesserung der Funktion Beckenbodenmuskels festgestellt werden konnte (Voorham-van der Zalm et al., 2006).

Kritik: Magnetfeldtherapie Beckenboden

Grundlegend ist zu kritisieren, dass auf den Websites der Anbieter*innen von Magnetfeldstühlen nicht ausreichend die unterschiedlichen Gründe für eine Inkontinenz und oder auch ein unbefriedigendes Sexualleben beleuchtet werden. Ein zu schwacher Beckenbodenmuskel kann nur eine Ursache für eine Inkontinenz darstellen und ist ganz sicher nicht die alleinige Ursache für ein unerfülltes Sexualleben.

Abschließend kann ganz klar festgehalten werden, dass heute immer noch evidenzbasierte wissenschaftliche Daten zur Wirkung elektromagnetischer Felder auf das menschliche Gewebe fehlen (Quittan et al., 2000).

Wissenschaftlich gut belegt ist hingegen das klassische Beckenbodentraining, besonders durch eine spezialisierte Fachperson wie z.B. eine Physiotherapeutin (Voorham-van der Zalm et al., 2006).

Auch wenn wir Menschen uns oft wünschen, dass es einen einfacheren Weg gibt als sich wirklich mit dem eigenen Körper zu beschäftigen, Tabuthemen zu brechen und sich selber zu bewegen bleibt es auch bei dem Thema „Beckenbodenkräftigung durch Magnetfeldtherapie“ bei reinem Wunschdenken.

Losgehen, informieren, mit dem eigenen Körper auseinandersetzen und Muskelkraft durch Bewegungsübungen aufbauen ist auch beim Beckenbodentraining die Devise!

Literatur

Abd El-Rahman, H., Ahmed, M., & Bassyouni., H. (2020). The use of Functional Magnetic Stimulation in the Treatment of Erectile Dysfunction. Minia Journal of Medical Research, 31(3), 317–319. https://doi.org/10.21608/mjmr.2022.220310

He, Q., Xiao, K., Peng, L., Lai, J., Li, H., Luo, D., & Wang, K. (2019). An Effective Meta-analysis of Magnetic Stimulation Therapy for Urinary Incontinence. Scientific Reports, 9(1), 1–10. https://doi.org/10.1038/s41598-019-45330-9

Mair, I. (2023). Beckenboden stärken mit Magnetstimulation? Medizin Transparent.

MRS. Sporty. (2023). MRS. SPORTY Dein Beckenbodentraining.

Mur, E., & Quittan, M. (n.d.). Magnetfeldtherapie. In Morbus Bechterew (pp. 647–656). Springer-Verlag. https://doi.org/10.1007/3-211-26646-1_42

Quittan, M. (2004). Magnetfeldtherapie-klinische Wirksamkeiten. Trauma Und Berufskrankheit, 6(S03). https://doi.org/10.1007/s10039-003-0758-4

Quittan, M., Schuhfried, O., Wiesinger, G. F., & Fialka-Moser, V. (2000). Klinische Wirksamkeiten der Magnetfeldtherapie - eine Literaturubersicht. Acta Medica Austriaca, 27(3), 62–68. https://doi.org/10.1046/j.1563-2571.2000.270210.x

Voorham-van der Zalm, P. J., Pelger, R. C. M., Stiggelbout, A. M., Elzevier, H. W., & Lycklama à Nijeholt, G. A. B. (2006). Effects of magnetic stimulation in the treatment of pelvic floor dysfunction. BJU International, 97(5), 1035–1038. https://doi.org/10.1111/j.1464-410X.2006.06131.x

 

Magnetfeldtherapie Beckenboden

Physiotherapie bei Beckenbodenbeschwerden

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