Beckenbodentraining in der Schwangerschaft
“Deinen Beckenboden darfst du in der Schwangerschaft auf gar keinen Fall trainieren!” - Oder eben doch? Was passiert mit dem Beckenboden in der Schwangerschaft? Ist das Beckenbodentraining in der Schwangerschaft sinnvoll? Welche Übungen kann man zuhause für den Beckenboden machen?
Der Beckenboden in der Schwangerschaft
In der Schwangerschaft leistet dein Körper große Arbeit. Vieles verändert sich und stellt sich um. Wie sich diese Veränderungen auf deinen Beckenboden auswirken, erfährst du in den folgenden Abschnitten.
Veränderung Nr. 1: Ein erhöhtes Bauchgewicht und die Veränderung deiner Statik
Während dein Baby wächst, wird auch dein Bauch immer runder. Das Gewicht deines Babys, deine größer werdende Gebärmutter mit Fruchtwasser und zusätzliches Fettgewebe sorgen für ein höheres Gewicht in deinem Bauchraum. Dies führt zu einer größeren Belastung für deine Beckenbodenmuskulatur.
Auch deine Haltung verändert sich in der Schwangerschaft. Dein wachsender Bauch führt dazu, dass sich dein Körperschwerpunkt nach vorne verschiebt. Zur Stabilisierung deines Gleichgewichtes kippt dein Becken und dein Rumpf nach vorne und es kommt zu einer vermehrten Hohlkreuzbildung im Lendenwirbelbereich. Dies ist ein natürlicher Prozess, der bei zunehmendem Bauchumfang nicht zu verhindern ist. Allerdings können dadurch Rückenschmerzen auftreten und es steigt die Belastung auf deinen Beckenboden. Insbesondere bei Rückenschmerzen, die aufgrund der veränderten Haltung in der Schwangerschaft entstehen, zeigen sich Übungen zur Mobilisation der Wirbelsäule und des Beckens und Dehnübungen des Rumpfs als besonders wirksam zur Reduktion der Schmerzen.
Zwei Übungen zur Mobilisation in der Schwangerschaft
Katze – Kuh
Ziel: Mobilisation der Wirbelsäule und des Beckens, Aktivierung der Beckenbodenmuskulatur, Entlastung des Rückens
So geht’s: Du bist im Vierfüßler. Deine Handgelenke befinden sind unter deinen Schultergelenken und deine Kniegelenke unter deinen Hüftgelenken. Du ziehst dein Kinn zur Brust und rollst dich Wirbel für Wirbel ein. Mache deinen Rücken rund und bringe deine Symphyse nahe zu deinem Bauchnabel. Deine beiden Hände schieben den Boden aktiv von dir weg. Atme dabei aus.
Danach gehst du in die Gegenbewegung. Kippe dein Becken nach vorne, mach bewusst ein Hohlkreuz und lasse deinen Rücken durchhängen. Dein Bauch darfst du ganz lockerlassen. Die Schulterblätter ziehst du zusammen und die Schultern ziehen wir weit weg von den Ohren. Atme dabei tief ein.
Wiederhole das zehn Mal.
Beckenschaukel in Rückenlage / Sitz
Ziel: Mobilisierung des Beckens und des unteren Rückens, Aktivierung der Beckenbodenmuskulatur.
So geht’s: Lege dich auf den Rücken und stelle die Beine auf (falls du dich in Rückenlage in der Schwangerschaft nicht mehr wohl fühlst, dann kannst du diese Übung auch gerne im Sitz machen).
Stelle dir vor auf deinem Becken befindet sich eine große Schale, die mit Wasser gefüllt ist. Du möchtest aus der Schale Wasser zu deinen Füßen herauslassen, dafür atmest du ein und kippst dein Becken nach vorne. Dabei wird der Abstand zwischen deinem Bauchnabel und der Symphyse größer und du machst ein Hohlkreuz. Danach möchtest du auch zu deinem Bauch Wasser aus der Schale lassen und kommst in die Gegenbewegung. Du atmest aus und deine Symphyse und dein Bauchnabel nähern sich an. Das Hohlkreuz im unteren Rücken wird kleiner.
Wiederhole das zehn bis 15 Mal und mache die Übung mindestens zweimal täglich.
Veränderung Nr.2: Deine Hormone
Auch die Konzentration deiner Hormone im Körper verändert sich. Östrogen und Progesteron führen dazu, dass deine Muskulatur und somit auch der Beckenboden gedehnt werden. Außerdem zirkuliert vermehrt das Hormon Relaxin in deinem Blutkreislauf. Dieses Hormon ist dafür zuständig, dass deine Bänder, Sehnen und deine Muskulatur lockerer werden und das Gewebe weicher wird. Dies dient der Geburtsvorbereitung und zur Erweiterung des Geburtskanals, führt aber auch zu einer Druckerhöhung auf den Beckenboden nach unten.
Veränderung Nr.3: Deine Muskulatur und das Bindegewebe
Die Auswirkungen der Schwangerschaft und des wachsenden Bauchs führen ebenfalls zu einer erhöhten Beweglichkeit des Blasenhalses und einer Veränderung der Muskelkraft des Beckenbodens. In Studien wurde festgestellt, dass es in der Schwangerschaft zu einer Verminderung der Kraft des Beckenbodens (insbesondere der tiefen Musculus levator ani-Schicht) kommen kann. Außerdem wurde häufig eine Absenkung der Blase in der Schwangerschaft dokumentiert. Dies kann zu einem vermehrten Druck auf den Beckenboden führen.
Vorteile des Beckenbodentrainings in deiner Schwangerschaft
Warum ist bei diesen Veränderungen also das Beckenbodentraining in der Schwangerschaft wichtig?
Mit wachsendem Bauch in der Schwangerschaft erhöht sich das Gewicht und somit auch der Druck auf den Beckenboden. Der Beckenboden muss höhere Lasten aushalten und ist beanspruchter als vor der Schwangerschaft. Dies kann dazu führen, dass der Beckenboden den wachsenden Anforderungen nicht mehr gerecht wird und es dadurch zu Problemen wie häufigem Wasserlassen und Inkontinenz kommt. Um dem entgegenzuwirken, kann das Training des Beckenbodens sinnvoll sein. Der Beckenboden wird dadurch gestärkt und kann die höheren Belastungen besser tolerieren.
Studien weisen außerdem darauf hin, dass bei Menschen, die Beckenbodentraining während der Schwangerschaft durchgeführt haben die Rate von Dammschnitten niedriger sei als bei Menschen, die kein Beckenbodentraining durchgeführt haben.
Bei einem guten Training des Beckenbodens wird zu Beginn die Wahrnehmung geschult. So lernst du deinen Beckenboden besser kennen und bekommst ein Gefühl für das kommende Training. Eine gute Wahrnehmung ist das Fundament eines erfolgreichen Beckenbodentrainings.
Das frühe Auseinandersetzen mit dem Beckenboden in der Schwangerschaft kann dir helfen nach der Geburt deinen Beckenboden wieder anspannen und so auch kräftigen zu können. Das erleichtert deine Rückbildung und du reduzierst das Risiko für langfristige Beschwerden mit dem Beckenboden.
Neben einem zu schwachen, kann auch ein verspannter Beckenboden zu Problemen führen. Zu einem guten Beckenbodentraining gehört neben der Anspannung und Kräftigung daher auch die Entspannung der Muskulatur. Das An- und Entspannen, das du während des Trainings machst, reguliert die Spannung in der Muskulatur und die die Probleme, die auf eine verspannte Muskulatur zurückzuführen sind, werden reduziert.
Zwei Übungen für deinen Beckenboden in der Schwangerschaft
Bärenstand
Ziel: Verbesserung der Beckenbodenausdauer und Kräftigung der Körpermitte
So geht’s: Komme in den Vierfüßler und stelle deine Zehen auf. Spanne den Beckenboden submaximal an, in dem du deinen Damm sanft in Richtung Kopf und Bauchnabel einziehst. Stelle dir vor, du möchtest dein Baby im Bauch mit der Bauchwand umarmen und zum Herzen nach oben bringen. Halte diese Spannung und atme dabei weiter. Hebe nun deine Kniegelenke vom Boden ab sodass deine Schienbeine über dem Boden schweben. Deine Hände drücken den Boden fest von dir Weg und dein Schultergürtel ist ganz aktiv.
Gleichgewichtsverlagerung
Ziel: Verbesserung der Reflektorik deines Beckenbodens und Regulierung der Spannung des Beckenbodens.
So geht’s: Stelle dich hüftbreit hin und lasse deine Arme locker nach unten hängen. Komme dann mit beiden Füßen auf die Zehenspitzen und halte kurz das Gleichgewicht. Danach komme wieder mit beiden Füßen flach auf dem Boden und hebe nun deine Zehen ab, so dass du auf deinen beiden Fersen stehst. Halte auch diese Position kurz und komme danach wieder flach auf beide Füße. Wiederhole dies für 10 Wiederholungen. Dein Beckenboden spannt hier automatisch an und du musst ihn nicht aktiv an- und entspannen.
Fazit
Das Beckenbodentraining in der Schwangerschaft ist kein Trend, sondern eine wertvolle Maßnahme, um den Körper auf die bevorstehende Geburt und die Zeit danach vorzubereiten. Durch gezielte Übungen stärkst du deine Muskulatur und förderst deine Körperwahrnehmung, beugst Beschwerden vor und unterstützt deine Rückbildung. Wichtig ist dabei eine Kombination aus Mobilisation, Kräftigung und bewusster Entspannung. Höre auf deinen Körper, integriere sanfte Übungen regelmäßig in deinen Alltag – und schenke deinem Beckenboden schon während der Schwangerschaft die Aufmerksamkeit, die er verdient. Wende dich bei Fragen an Beckenbodenexpert:innen, wie Beckenbodentherapeut:innen oder Hebammen.

Deine Expertinnen für Beckenbodentraining in der Schwangerschaft in Köln
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