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Harninkontinenz bei Leistungssportlerinnen

„Harninkontinenz betrifft nur Mütter und Frauen nach den Wechseljahren.“ Diese Aussage stimmt nicht ganz. Harninkontinenzen treten zwar häufig bei Frauen nach der Geburt und bei Frauen nach den Wechseljahren auf, das liegt aber daran, dass diese Frauen mehrere Risikofaktoren der Inkontinenzen aufweisen. Dazu zählen hormonelle Veränderungen, ein hohes Lebensalter, die Überlastung der Beckenbodenmuskulatur durch die Schwangerschaft und vaginale Geburten (Bø & Nygaard, 2020). Harninkontinenz bei Leistungssportlerinnen werden oftmals tabuisiert.

Risikofaktoren für Harninkontinenz bei Leistungssportlerinnen

Aber es gibt noch weitere Risikofaktoren, die eine Harninkontinenz begünstigen können. Diese Risikofaktoren sind Essstörungen, Nährstoffmängel, Verstopfungen, ein hohes Volumen an körperlicher Aktivität (BØ & Borgen, 2001; Bø & Nygaard, 2020), ein niedriger Body Mass Index (BMI), aber auch ein hoher BMI (Jácome et al., 2011), High Impact Sportarten, Hypermobilität (Gram & Bø, 2019), genetische Disposition, rezidivierende Harnwegsinfekte und weitere Erkrankungen des Harntraktes, eine verminderte Flexibilität der Plantarfaszie (Sorrigueta-Hernández et al., 2020), schwache Bänder, Depressionen (Whitney et al., 2021) und chronischer hoher abdominaler Druck durch chronische Bronchitis (Rodríguez-López et al., 2021).

Besonders Leistungssportlerinnen weisen einige dieser Risikofaktoren auf. In der Literatur wird davon berichtet, dass bei Leistungssportlerinnen eine Harninkontinenz dreimal so häufig auftritt, als bei Menschen, die keinen Sport betreiben (Cerruto et al., 2020). 

 

Gründe für Harninkontinenz bei Leistungssportlerinnen

ForscherInnen begründen das häufige Auftreten von Harninkontinenz bei Leistungssportlerinnen mit den dauerhaften Belastungen auf den Beckenboden mit teilweisem hohem und schnellem Drücken auf die Muskulatur aufgrund des hohen Trainingsvolumen. Die Muskulatur des Beckenbodens ist für solche Belastungen nicht ausgelegt. (Dos Santos et al., 2018; Kramarz & Lenzen-Schulte, 2023). Diese Überschreitung der Fähigkeit der Muskulatur tritt bei einigen Sportarten häufiger auf als bei anderen, weshalb die Prävalenz von Harninkontinenz bei einigen Sportarten höher als bei anderen. Der Grund dafür ist allerdings noch nicht ausreichend erforscht. In der Literatur findet man hohe Prävalenzzahlen bei Sportlerinnen aus High Impact Sportarten, bei denen ein hoher intraabdominaler Druck und hohe Bodenreaktionskräfte eine Rolle spielen (Bø & Nygaard, 2020; De Mattos Lourenco et al., 2018).

Welche Rolle spielen High Impact Belastungen?

High Impact Sportarten sind Sportarten, bei denen hohe Kräfte während der Bewegung auf das Skelettsystem und insbesondere auf die Beckenbodenmuskulatur wirken. Dazu zählen Ballsportarten, Laufen, Turnen und Tanzen (Eliasson et al., 2005). Allerdings findet sich in der Literatur zum aktuellen Zeitprunkt einige Unstimmigkeiten. Teixeira und KollegInnen (2018) berichten nämlich, dass kein signifikanter Unterschied in der Prävalenz von High Impact zu Low Impact Sportarten vorliegt. ForscherInnen gehen davon aus, dass aufgrund der langandauernden Belastungen bei manchen Low Impact Sportarten der Beckenboden ebenfalls seine Belastungskapazität überschreitet und dies zu Inkontinenzen führen kann (Teixeira et al., 2018). 

Auch die Dauer der Belastung und folglich der Erschöpfungsstatus der Beckenbodenmuskulatur scheint eine wichtige Rolle bei der Entwicklung einer Inkontinenz zu spielen. In Studien berichten Sportlerinnen häufig über einen ungewollten Urinverlust zum Ende der Trainingseinheit (Carvalhais et al., 2018; Culleton-Quinn et al., 2024; Whitney et al., 2021).

Ein weiterer Faktor, der eine Harninkontinenz begünstig ist eine niedrige Energieverfügbarkeit. Sportlerinnen mit einer niedrigen Energiezufuhr wiesen doppelt so häufig eine Harninkontinenz auf als Sportlerinnen, die ausreichende Energie zu sich führen (Whitney et al., 2021). Ebenso kann ein niedriger BMI mit einem erhöhten Risiko einer Harninkontinenz einher gehen (Gram & Bø, 2019). Sportlerinnen weisen oft beide dieser Risikofaktoren auf. Besonders gefährdet sich Sportlerinnen aus High Impact Sportarten, bei denen das Gewicht und das Aussehen eine große Rolle spielen. Dazu zählen Turnerinnen und Trampolinspringerinnen (Bø & Nygaard, 2020; Cerruto et al., 2020; Gram & Bø, 2019).

 

Was sind häufige Formen von Blaseninkontinenz und in welche Sportarten treten sie häufig auf?

Die Harninkontinenz wird definiert als unwillkürlicher Abgang von Urin. Viele Menschen sind von der Harninkontinenz betroffen und das Beschwerdebild wird mit großen Einschränkungen der Lebensqualität assoziiert. Trotzdem wird in der Gesellschaft kaum über das Erscheinungsbild gesprochen und eine ausgeprägte Tabuisierung liegt vor  (Frigerio et al., 2022). Die Harninkontinenz kann in drei verschiedene Formen eingeteilt werden. 

 

Stressinkontinenz (auch Belastungsinkontinenz) 

Bei der Stressinkontinenz kommt es zu einem unwillkürlichen Urinabgang wenn ein hoher Druck im Bauchraum (auch intraabdominaler Druck genannt) entsteht (Frigerio et al., 2022). Hohe intraabdominaler Druck entsteht beispielsweise bei Sprüngen, hohe körperliche Belastungen mit Pressatmung, Niesen und Husten. Ein gezieltes Beckenbodentraining, Biofeedbacktraining und Elektrostimulation können mögliche Therapieansätze sein, um die Beschwerden zu reduzieren (Frigerio et al., 2022). Vermutet wird, dass die Kontraktion des Beckenbodens durch den hohen intraabdominellen Druck und die hohen Bodenreaktionskräfte verzögert ist und dies zum unwillkürlichen Urinverlust führen kann (De Mattos Lourenco et al., 2018).

Sportlerinnen aus High Impact Sportarten weisen häufig Symptome eine Stressinkontinenz auf. Trampolinspringerinnen berichten über unwillkürlichen Urinverlust nicht nur während des Trainings, sondern auch im Alltag (Cerruto et al., 2020). 

Im Krafttraining werden hohe abdominelle Drücke genutzt, um hohe Gewichte zu bewegen. PowerlifterInnen und CrossfitterInnen sind häufig von Harninkontinenzen betroffen (Bø & Nygaard, 2020; Dominguez-Antuña et al., 2023; Wikander et al., 2019)

 

Dranginkontinenz 

Die Dranginkontinenz wird definiert als unwillkürlicher Urinabgang nach plötzlichem starkem Harndrang (überaktive Blase) (BØ & Borgen, 2001; Hutchinson et al., 2020). Aufgrund von verschiedenen Gründen kann der Drang kann nicht gehalten werden und es kommt zum unwillkürlichen Verlust (Aoki et al., 2017). Häufig passiert dies unmittelbar vor der Toilette (Frigerio et al., 2022). Die Ursache des Beschwerdebild ist oft unbekannt (Frigerio et al., 2022). Mögliche verursache der überaktiven Blase und somit der Dranginkontinenz können wiederkehrende Harnwegsinfekte oder neurologische Störungen sein (Hutchinson et al., 2020). Eine Kausalität zwischen der Dranginkontinenz und Störungen der Sexualfunktion und einer verminderten Lebensqualität besteht (Frigerio et al., 2022). Das Beckenbodentraining, aber vor allem das Blasentraining sind wichtige Bestandteile der Therapie (Nambiar et al., 2022). 

Die Häufigkeit einer Dranginkontinenz in der Gesamtbevölkerung steigt mit steigendem Lebensalter (Aoki et al., 2017).

Eine Dranginkontinenz kommt häufig bei Leichtathletinnen und Schwimmerinnen während des Wettkampfes vor (Cerruto et al., 2020). Allerdings ist eine Erfassung des unwillkürlichen Urinverlustes beim Schwimmen aufgrund der Wasserumgeben schwer nachzuweisen. Aus diesem Grund schwankt die Häufigkeit der Harninkontinenz im Schwimmen je nach Literatur zwischen 6 – 84,5 % (Almeida et al., 2016; Carvalhais et al., 2018). 

Ebenso unstimmige Daten in der Literatur in Bezug auf die Prävalenz von Harninkontinenzen sind bei Volleyballspielerinnen zu finden. In der Literatur finden sich Schwankungen der Häufigkeit zwischen 4,3 – 44,4% (Carvalhais et al., 2018). In der aktuelleren Literatur wird allerdings vermehrt auf eine hohe Prävalenz der Harninkontinenz bei Volleyballspielerinnen hingewiesen (Cerruto et al., 2020; Culleton-Quinn et al., 2024; Pires et al., 2020). Außerdem stellte eine Studie bei der Untersuchung der Beckenbodenmuskulatur von Volleyballspielerinnen eine Schwäche der Muskulatur fest (Carvalhais et al., 2018). 

 

Mischinkontinenz

Bei der Mischinkontinenz tritt der unwillkürliche Harnverlust bei hohem intraabdominalem Druck, aber auch bei starkem Harndrang auf. Die Beschwerden können sehr individuell auftreten, weswegen die Therapie auf die Symptome angepasst werden muss (Frigerio et al., 2022). In der Regel wird auf eine Kombination aus Beckenbodentraining, Blasentraining, Optimierung der Flüssigkeitszufuhr und ein bewusstes Toilettenverhalten geachtet (Aoki et al., 2017).

 

Sportarten mit wenig Harninkontinenzen

Wie bereits erwähnt sind die Auswirkung der Belastung auf die Beckenbodenmuskulatur nicht bei allen Sportarten ausreichend untersucht. Allerdings gibt es einige Sportarten, bei denen eine Entstehung von Inkontinenzen aufgrund der Belastung unwahrscheinlich ist. 

Dazu zählen Sportarten wie Hochsprung (Rodríguez-López et al., 2022), Radsport (Teixeira et al., 2018), Golf (Cerruto et al., 2020; Teixeira et al., 2018)

 

Tabuisierung und Auswirkungen 

Unbehandelt führen Harninkontinenzen zu sozialer Isolation, einem verminderten Selbstwertgefühl, Depressionen und einer Reduktion der Lebensqualität (Teixeira et al., 2018). ForscherInnen gehen außerdem davon aus, dass Harninkontinenz ein möglicher Grund für die Beendigung der Karriere sein könnte. Eine hohe Dunkelziffer bei der Dropoutrate aufgrund von Harninkontinenz wird vermutet (Rodríguez-López et al., 2022).

Ein Grund für das Nichtbehandeln des Beschwerdebilds ist die Tabuisierung und der schamhafte Umgang des Themas in der Gesamtbevölkerung. Das führt dazu, dass SportlerInnen kaum über die Beschwerden mit fachlichen Personen wie des TrainerInnenteams oder PhysiotherapeutInnen sprechen (De Mattos Lourenco et al., 2018; Gram & Bø, 2019). Ein anderer Grund ist das fehlende Wissen über das Thema und die Beckenbodenmuskulatur in der Sportwissenschaft (Gram & Bø, 2019). 

In einer Studie aus dem Jahr 2019 wird darauf hingewiesen, dass die meisten Sportlerinnen den Beckenboden willkürlich nicht korrekt anspannen können. Aus diesem Grund wird auf ein fehlendes Wissen verwiesen (Dos Santos et al., 2019). Folglich mangelt es an Kenntnissen über die korrekte Anspannung der Beckenbodenmuskulatur und passende Trainingsparameter, um eine gezielte Kräftigung der Beckenbodenmuskulatur und eine präventive Behandlung zur Verhinderung von Inkontinenz durchzuführen (Gram & Bø, 2019). 

Sportlerinnen, die offen über Harninkontinenz sprachen, berichten, dass die Symptome verschwanden, als sie den Sport nicht mehr ausgeübt oder das Trainingsvolumen reduziert haben (De Mattos Lourenco et al., 2018). Eine langfristige Schädigung der Muskulatur durch High Impact Sportarten wird nicht erwarten. Eine Langzeitstudie, die die Beckenbodenmuskulatur von High und Low Impact Sportlerinnen 15 Jahre nach Karriereende miteinander verglichen hat, konnten keine Unterschiede zwischen den beiden Gruppen feststellen (De Mattos Lourenco et al., 2018).

 

Fazit Harninkontinenz bei Leistungssportlerinnen

Harninkontinenzen sind in der Gesellschaft häufig verbreitet. Trotz hoher Prävalenzzahlen wird selten über das Thema gesprochen. Insbesondere bei Leistungssportlerinnen besteht ein hohes Risiko eine Harninkontinenz zu entwickeln. Obwohl einige Arbeiten sich mit dem Thema Harninkontinenz im Leistungssport auseinandergesetzt haben, fehlt es nach wie vor an hochwertigen Studien in diesem Bereich. Ebenso mangelt es im sportwissenschaftlichen Kontext an Kenntnissen über die Beckenbodenmuskulatur und dessen Training, um präventiv an dem Beschwerdebild zu arbeiten. Außerdem scheint die Tabuisierung und die Scham das Thema in der Sportwissenschaft anzusprechen stark ausgeprägt zu sein. Zukünftig werden Forschungen benötigt, die sich noch weiter mit dem Thema Beckenboden und Inkontinenz im Leistungssport auseinandersetzen, damit Entstehungsmechanismen besser verstanden und gefährdete Sportarten erkannt werden können. Dies würde zielführend dazu beitragen, dass die Lebensqualität von Leistungssportlerinnen verbessert werden könnte und die Gefahr einer frühzeitigen Beendigung der Karriere könnte minimiert werden.

Harninkontinenz bei Leistungssportlerinnen

Harninkontinenz bei Leistungssportlerinnen - Therapie in Köln

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29 Okt

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