Hypopressives Training in der Rückbildung
Die Zeit nach der Geburt ist eine wichtige Phase, in der sich dein Körper regeneriert und neu formiert. Eine Methode, die dabei unterstützend wirken kann, ist das hypopressive Training. In diesem Artikel beantworten wir dir die Fragen: Was ist hypopressives Training, woher kommt es, warum ist es in der Rückbildung so wertvoll, für wen es geeignet ist – und für wen nicht – sowie welche wissenschaftlichen Erkenntnisse es in den vergangenen 10 Jahren gab.
Hypo... was?! Was ist hypopressives Training und woher kommt es?
Hypopressives Training, auch als Unterdruck-Training bekannt, kombiniert spezielle Haltungs- und Atemtechniken, um einen kontrollierten Unterdruck im Bauchraum zu erzeugen. Durch die gezielte 360°-Einatmung in den Oberkörper, gefolgt von einer langsamen Ausatmung mit Lippenbremse, wird ein Vakuumeffekt hervorgerufen. Dieser Effekt hebt die inneren Organe leicht an und aktiviert die tief liegenden Rumpfmuskeln, den Beckenboden und das Zwerchfell. Die Ursprünge dieser Methode reichen in alte yogische Techniken wie Uddiyana Bandha zurück – eine Praxis, die bereits vor Tausenden von Jahren praktiziert wurde. In den 1970er Jahren fand man Anklänge dieser Technik im Bodybuilding (bekannt als „abdominal vacuum“), und in den 1980er Jahren wurde sie gezielt für die postpartale Rehabilitation weiterentwickelt. Heute wird hypopressives Training in der Physiotherapie und im Präventionsbereich eingesetzt, um die Körpermitte zu stabilisieren und Beschwerden vorzubeugen.
Warum ist hypopressives Training besonders in der Rückbildung so wertvoll?
Nach der Geburt steht der weibliche Körper vor zahlreichen Herausforderungen: Gewebe, Bindegewebe und Muskeln haben sich verändert, und insbesondere der Beckenboden benötigt gezielte Unterstützung, um wieder seine volle Funktion zu erlangen. Hypopressives Training kann hier einen entscheidenden Beitrag leisten, indem es:
Den Beckenboden stärkt
Die Methode fördert die Aktivierung der tiefen Beckenbodenmuskulatur, was zur Reduktion von Inkontinenz und zur Unterstützung der Rückbildung beiträgt.Die Körperhaltung verbessert
Durch die gleichzeitige aktive Haltung in den Übungspositionen wird eine nachhaltige Aufrichtung und Stabilisierung der Wirbelsäule erreicht.Die Wahrnehmung der Körpermitte schärft
Viele Frauen lernen, ihre Körperwahrnehmung zu verbessern, was auch im Alltag und beim weiteren Training von Vorteil ist.Stress reduziert
Die bewusste Atemtechnik unterstützt nicht nur muskuläre Prozesse, sondern führt auch zu einer Beruhigung des Nervensystems.
Diese Kombination aus funktioneller Muskelaktivierung und mentalem Fokus macht hypopressives Training zu einer besonders wertvollen Methode in der Rückbildungsphase.
Für wen eignet sich hypopressives Training und wer sollte darauf verzichten?
Geeignet ist hypopressives Training generell für alle gesunden Menschen. Für Frauen in der Zeit der Rückbildung ist es jedoch besonders interessant, da diese oft mit Stress (Schlafmangel), einer Beckenbodenschwäche oder instabilen Körpermitte zu kämpfen haben. Hypopressives Training wurde in den vergangenen Jahren speziell für Frauen in der postpartalen Rehabilitation, die ihre Körpermitte sanft und zielgerichtet stärken möchten, weiterentwickelt. Patientinnen, die ihre Körperhaltung verbessern und gleichzeitig stressreduzierende Effekte erzielen wollen, profitieren ebenfalls.
Hypopressives Training ist nicht geeignet für:
Frauen während der Schwangerschaft
Patientinnen mit akuten Bauchentzündungen oder anderen akuten Entzündungsprozessen im Bauchraum
Frauen, die kürzlich chirurgische Eingriffe im Bauch- oder Beckenbereich hatten
Personen mit schweren kardialen Erkrankungen, organtransplantationen oder Bluthochdruck (dieser wird als relative Kontraindikation betrachtet und erfordert eine ärztliche Abstimmung)
Sollte dir in den vergangenen fünf Monaten eine Spirale oder ein IUP eingesetzt worden sein, gilt auch noch etwas mit dem Training zu warten. Bei Vorerkrankungen ist es ist wichtig, vor Beginn des Trainings immer eine individuelle Bewertung durchzuführen und im Zweifelsfall Rücksprache mit dem behandelnden Arzt oder der behandelnden Ärztin zu halten.
Was sagt die aktuelle Studienlage zur Wirksamkeit des hypopressiven Trainings?
In den letzten zehn Jahren wurden mehrere Studien durchgeführt, die die positiven Effekte des hypopressiven Trainings, vor allem in der postpartalen Rehabilitation, untersuchten. Eine aktuelle Studie von Molina-Torres et al. (2023) zeigt, dass nach einem 8-wöchigen Trainingsprogramm mit zwei Sitzungen pro Woche (20 Min) signifikante Verbesserungen in der Beckenbodenkraft und der Blasenkontrolle erreicht wurden. Diese Studie unterstützt den Einsatz von hypopressiven Techniken als ergänzendes Instrument in der Rückbildung. Auch andere Forschungsarbeiten bestätigen, dass die Methode nicht nur die muskuläre Stabilität verbessert, sondern auch die Körperhaltung positiv beeinflusst und somit langfristig Beschwerden wie Inkontinenz und Rückenprobleme reduziert. Allerdings ist anzumerken, dass viele Studien bislang mit kleineren Probandengruppen durchgeführt wurden, sodass weitere Langzeituntersuchungen notwendig sind, um die Ergebnisse noch weiter zu festigen (Martins et al., 2024).
Fazit hypopressives Training in der Rückbildung
Hypopressives Training bietet in der Rückbildung eine vielversprechende Möglichkeit, die Körpermitte zu stabilisieren, den Beckenboden zu kräftigen und die allgemeine Körperhaltung zu verbessern. Viele Teilnehmerinnen berichten auch, dass der durch das intraabdominelle Vakuum erzeugte "Lift" Senkungsbeschwerden vorbeugt. Beim hypopressiven Training handelt sich um eine Methode, die auf jahrtausendealten Techniken basiert und durch moderne Studien zunehmend wissenschaftlich untermauert wird. Wenn Du mehr über diese Trainingsmethode erfahren oder sie in deine Rückbildungsroutine integrieren möchtest, ist eine gute Anleitung durch geschulte Physiotherapeutinnen und Trainerinnen ratsam.
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Quellen
Martins Rodrigues, I., de Castro Lopes, A. L., Piaia Silvatti, A., & Jacon Sarro, K. (2024). Current evidence for hypopressive exercises in healthy women: A systematic review. Journal of bodywork and movement therapies, 38, 143–149.
Molina-Torres, G., Moreno-Muñoz, M., Rebullido, T. R., Castellote-Caballero, Y., Bergamin, M., Gobbo, S., Hita-Contreras, F., & Cruz-Diaz, D. (2023). The effects of an 8-week hypopressive exercise training program on urinary incontinence and pelvic floor muscle activation: A randomized controlled trial. Neurourology and urodynamics, 42(2), 500–509.
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